Weihnacht 2
Zum Weihnachten
von Theodor Storm
Mädchen, in die Kinderschuhe
Tritt noch einmal mir behend!
Folg mir durch des Abends Ruhe,
Wo der dunkle Taxus brennt.
Engel knien an der Schwelle,
Hütend bei dem frommen Schein;
Von den Lippen klingt es helle:
Nur die Kindlein gehen ein!
Doch du schaust mich an verwundert,
Sprichst: »Vertreten sind die Schuh;
Unter alt vergeßnem Plunder
Liegt die Puppe in der Truh'.«
Horch nur auf! Die alten Märchen
Ziehn dich in die alte Pracht!
Wie im Zauberwald das Pärchen
Schwatzen wir die ganze Nacht.
Von Schneewittchen bei den Zwergen,
Wo sie lebte unerkannt
Und war hinter ihren Bergen
Doch die Schönst' im ganzen Land.
Von Hans Bärlein, der im Streite
Einen Riesenritter schlug,
Der die Königstochter freite,
Endlich gar die Krone trug.
Von dem Dichter auch daheime,
Der ein Mädchen, groß und schlank,
Durch die Zauberkraft der Reime
Rückwärts in die Kindheit sang.
von Heinrich Hoffmann von Fallersleben
O schöne, herrliche Weihnachtszeit!
Was bringst du Lust und Fröhlichkeit!
Wenn der heilige Christ in jedem Haus
teilt seine lieben Gaben aus.
Und ist das Häuschen noch so klein,
so kommt der heilige Christ hinein,
und alle sind ihm lieb wie die Seinen,
die Armen und Reichen, die Grossen und Kleinen.
Der heilige Christ an alle denkt,
ein jedes wird von ihm beschenkt.
Drum lasst uns freuen und dankbar sein!
Er denkt auch unser, mein und dein!
Der Traum
Hoffmann von Fallersleben 1798-1874
Ich lag und schlief; da träumte mir
ein wunderschöner Traum:
Es stand auf unserm Tisch vor mir
ein hoher Weihnachtsbaum.
Und bunte Lichter ohne Zahl,
die brannten ringsherum;
die Zweige waren allzumal
von goldnen Äpfel schwer.
Und Zuckerpuppen hingen dran;
das war mal eine Pracht!
Da gab´s , was ich nur wünschen kann
und was mir Freude macht.
Und als ich nach dem Baume sah
und ganz verwundert stand,
nach einem Apfel griff ich da,
und alles, alles schwand.
Da wacht ´ ich auf aus meinem Traum,
und dunkel war´ s um mich.
Du lieber, schöner Weihnachtsbaum,
sag an, wo find ich dich?
Da war es just, als rief er mir:
“Du darfst nur artig sein;
dann steh´ ich wiederum vor dir;
jetzt aber schlaf nur ein!
Und wenn du folgst und artig bist,
dann ist erfüllt der Traum,
dann bringet dir der Heil´ge Christ
den schönsten Weihnachtsbaum”.
Weihnachtswunsch
Ich wünsche dir zur Weihnachtszeit
viel Kerzenlicht und Heiterkeit.
Und dass der Schein der Zeit
erwache aus der Dunkelheit.
Lichterglanz und süsser Duft
liegen leicht in dieser Luft.
Leg dein eignes Reich in diese Welt
Sie braucht es - gerade in dieser Zeit.